Die Sczech-Stiftung hat den Offenen Brief an die Rundfunkräte der Bundesrepublik Deutschland mitunterzeichnet.
Notwendige Änderung der Programmausrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angesichts zunehmend katastrophaler Auswirkungen der Klimaerwärmung
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit vielen Jahren gibt es kritische Stimmen, die dem öffentlich/rechtlichen Rundfunk vorwerfen, den Klimawandel zu verharmlosen und die Bedeutung der erneuerbaren Energien herunterzuspielen.
Über klimabedingte Katastrophen – bis vor Kurzem fernab von Deutschland – wurde zwar berichtet.
Die sich daraus ergebende Konsequenz, dass die Energiewende extrem beschleunigt werden muss, wurde jedoch nicht gezogen. Insbesondere wurde nur gelegentlich darüber aufgeklärt, dass das Interesse der fossil-atomaren Energiekonzerne an der Erhaltung ihres Geschäftsmodells den entscheidenden Bremsfaktor beim Ausbau der erneuerbaren Energien darstellt. Es wäre aber nötig, diesen Zusammenhang hervorzuheben, damit die Bevölkerung erkennen kann, dass sie selber aktiv werden muss, wenn eine noch erträgliche Klimazukunft erreicht werden soll. Statt dessen ist die Programmgestaltung in ihrer Gesamtheit so geartet, dass sie Ruhe und Lethargie verbreitet. Für die eingetretenen und zu erwartenden klimabedingten Schäden ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk
daher mit verantwortlich.
In seinem aufrüttelnden Buch über fehlenden Klimaschutz „Kurs Klima-Kollaps – das große Versagen der Politik“ bringt David Goeßmann die Rolle der Medien und insbesondere des von der Bevölkerung finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf den Begriff „Tauchstation“. Zitate aus seinem Buch:
„Was ist mit den öffentlich-rechtlichen Sendern, die finanziert werden von den Gebühren der Bürger, nicht vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI)? … Warum schlug niemand Alarm?“ (S. 17f), „Auch Talkshows und Presseclubs in den öffentlich-rechtlichen Sendern gingen an dem Thema stumm vorbei. Man stelle sich vor, die Medien hätten in der Coronakrise ähnlich reagiert und sich Augen, Ohren sowie Mund förmlich zugehalten.“ (S. 147)
Die jüngste und öffentlich breit wahrgenommene Kritikaktion wurde von der Initiative „KLIMA° vor acht“ organisiert. Sie fordert, neben „Börse vor acht“, „Wissen vor acht“ und „Wetter vor acht“ über das ungleich wichtigere Thema „Klima“ zu berichten.
Die Argumente, mit denen das abgelehnt wurde, sind bestürzend. Sie demonstrieren, dass bei den oberen Programmgestaltern ein Problembewusstsein bezüglich Klima entweder nicht vorhanden ist
oder verdrängt wird.
So meinte der geschäftsführende Redakteur für das ARD-Vorabendprogramm, Christoph Schmidt:
„Auch wenn Klimaschutz vielleicht ein hehres und richtiges Ziel ist: Es ist trotzdem erst mal eine parteiische Interessengruppe, und wenn jede Interessengruppe sagt: ‚Ich mache mal meinen Piloten und mache meinen Beitrag so, wie ich ihn mache‘, und wir räumen dann Sendeplätze dafür frei, damit habe ich als unabhängiger Journalist ein großes Problem.“ (Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/primetime-fuer-die-klimakrise-aktivisten-fordern-neues.2907.de.html?dram:article_id=483806)
Für ihn ist Klimaschutz also nur „vielleicht“ ein „richtiges Ziel“. Diejenigen, die dafür eintreten, sind für Herrn Schmidt nichts weiter als eine „parteiische Interessengruppe“, die gegenüber den vielen anderen Interessengruppen keinesfalls bevorzugt werden darf.
Sehr geehrte Damen und Herren in den Rundfunkräten, der Klimawandel bedroht die menschliche Zivilisation und vielleicht höheres Leben auf dem Planeten überhaupt. Wer den Kampf hiergegen für ein „parteiisches Interesse“ hält, dem fehlt jegliches Verständnis.
Dass hier zu wenig berichtet wird, weist KLIMA° vor acht auch auf Basis nackter Zahlen nach: Die Initiative hat die Programmübersichten der öffentlich-rechtlichen Sender analysiert und kommt zu folgendem Schluss: „Die Anzahl der Sendungen zur Klimakrise spiegeln weder die Relevanz noch das Problembewusstsein in der Bevölkerung wieder.“
(Quelle: https://klimavoracht.de/programmdaten/).
Die klimawandelbedingte Flutkatastrophe im Ahrtal hat nun aber ein gewisses Aufwachen ausgelöst. Der aufgrund seines Sendegebietes unmittelbar betroffene SWR berichtet bisher in begrüßenswerter Weise. Insbesondere stellt er die Bedeutung des Mottos „Ahrtal wird SolAHRtal“ heraus. Es kann nämlich nicht sein, dass die Grundursache der Katastrophe, die Versorgung durch fossile Energie, für die Zukunft wieder hergestellt wird. Vielmehr muss die Region als Modell für vollständige Versorgung durch erneuerbare Energien aufgebaut werden. Hierfür hat sich eine vorbildliche Zusammenarbeit der betroffenen Menschen mit Wissenschaftlern, Fachfirmen, Behörden und Energieberatungen herausgebildet.
Unsere Bitte, unser Vorschlag an Sie: Die Arbeit des SWR bezüglich Ahrtal sollte allen Sendern in Deutschland kommuniziert werden. Überall im Land sollte auf das Geschehen im Ahrtal aufmerksam gemacht werden. Denn was im Ahrtal passierte, kann jederzeit (fast) überall geschehen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte darauf hinwirken, dass die Bevölkerung und die betroffenen Institutionen unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen einer nächsten Katastrophe zumindest abzumildern. Beispielsweise kann durch rechtzeitigen Umstieg auf regenerative Wärmeversorgung per Wärmepumpen und Solarthermie eine großflächige Bodenkontamination durch ausgelaufenes Heizöl – wie im Ahrtal geschehen – vermieden werden.
Wir wären dankbar, wenn Sie diese Thematik rasch aufgreifen. Zwecks weiterer Konkretisierung freuen wir uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
Ihr Ansprechpartner
Jürgen Voskuhl
für den Runden Tisch – Erneuerbare Energien
E-Mail: juergen.voskuhl at energiewende-2030.de
Web: energiewende-2030.de
Erstunterzeichner:
· Runder Tisch Erneuerbare Energien
· Klimabündnis Dürkheim
· Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V.
· VERENA e.V.
· Roßdorfer Energiegemeinschaft e.V.
· Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
· Bürgerenergie Altmark Genossenschaft eG