Der Fluch der bösen Tat

ein unnachahmliches Buch von Peter Scholl-Latour:

Der Fluch der bösen Tat: Das Scheitern des Westens im Orient

[aus einer Kundenrezension (user „sparferkel“) eines großen online Versandhauses 2014]

Bei Rezipienten vorwiegend westlicher Politikaufführungen sowie der dazugehörigen Medienberichterstattung, welche sich angesichts vielschichtig-komplizierter Themen aus Richtung Ost-Südost in schöner Regelmäßigkeit statt durch Meinungsvielfalt vielmehr durch Rudelbildung „auszeichnet“, sorgen die fundierten Widerworte im finalen Werk des letzten großen Welterklärers Scholl-Latour immer wieder für echte Aufatmer. „Endlich…“, so freut man sich innerlich an vielen Stellen, „…hält mal jemand argumentativ fundiert dagegen!“. In seiner unnachahmlichen Art macht der leider kürzlich verstorbene Scholl-Latour wieder einmal klar, dass lokale Konflikte wie die Krisen in der Ukraine oder im Gaza-Streifen und die unmöglich vorhersagbaren Entwicklungen in der arabischen Welt bei weitem nicht derart simpel zu durchschauen und von außen leicht beeinfluss- oder gar lenkbar sind, wie uns manche  einfachen Welterklärer gern glauben machen.

peterSchoolLlatour
Der Autor beleuchtet, wie die vermeintlich Mächtigen der Welt hinter der polierten Diplomatie-Fassade unbeirrt auf schmutzige Spielchen wie Geheiminterventionen und Desinformations-Kampagnen setzen. Wie sie Probleme, die sie mangels Hintergrundwissens nicht verstehen, mit folglich ungeeigneten politischen oder militärischen Mitteln zu lösen versuchen und so oft alles nur noch schlimmer machen. Die Einmischungen und das belehrende Auftreten der USA, Großbritanniens sowie auch der Bundesrepublik beispielsweise im Nahen Osten und anderen Krisenherden kritisiert Scholl-Latour teils scharf, aber immer begründet und mitunter stark personalisiert (mit einem besonders freundlichen Gruß an die Kanzlerin). Auch die im aktuellen Ukraine-Russland-Konflikt vorherrschende einseitige Berichterstattung der Medien, die sich kaum Zeit für tiefer gehende Analysen nehmen und den vermeintlich ohnehin überforderten Rezipienten lieber mundgerechte Häppchen in Schwarz-Weiß servieren, geht der Autor berechtigt hart an und versucht zu vermitteln, dass ein bisschen mehr Objektivität der ganzen Sache nicht unbedingt abträglich wäre.

Einige schlaue Menschen werden Scholl-Latour vermutlich Anti-Amerikanismus vorwerfen. Anderen (oder auch denselben) ist er ggf. eine Spur zu Putin-freundlich. Selbst, wenn diese Leute richtig lägen – was sie nicht tun: Mir persönlich ist eine bisweilen vielleicht etwas kontroverse zweite Meinung allemal lieber als gar keine. Am Ende aber kann man als Leser schon irgendwie ahnen, dass die posthumen Kassandrarufe Scholl-Latours letztlich wohl (wieder einmal) auf den Fluren der Politik verhallen werden – bis man hinterher irgendwann (wieder einmal) wird zugestehen müssen: Der Mann hatte eben doch recht.

 

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